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"Verharmlosung" – Veranstalter canceln serbischen Film

Der Film eines serbischen Regisseurs sorgt europaweit für eine Kontroverse. Unter anderem eine Petition soll die Ausstrahlung des Films verhindern.

20 Minuten
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Laut den Organisation Open Eye against Racism verharmlose der Film den Genozid  in Srebrenica und verbreite zudem serbische Propaganda und Nationalismus.
Laut den Organisation Open Eye against Racism verharmlose der Film den Genozid in Srebrenica und verbreite zudem serbische Propaganda und Nationalismus.
Screenshot YouTube

Der Film "Republika Srpska: Borba za slobodu" ("Serbische Republik: Kampf für die Freiheit") polarisiert. Die Dokumentation thematisiert die Gründung der "Serbischen Republik", eine von zwei Teilgebieten in Bosnien-Herzegowina. Das Gebiet war Schauplatz des Bosnienkrieges und des Völkermords in Srebrenica.

Laut der Organisation Open Eye against Racism, einem Zusammenschluss von Bosniakinnen und Bosniaken sowie Nicht-Bosniakinnen und Nicht-Bosniaken in der Schweiz, verharmlose der Film den Genozid und die Gräueltaten, die vonseiten der Polizei und der Armee der "Serbischen Republik" im Zeitraum zwischen 1992 und 1995 begangen wurden.

Problematisch sei zudem der Hintergrund des Regisseurs Boris Malagurski. Er sei ein bekannter Nationalist und ein enger Vertrauter des ehemaligen Präsidenten der "Serbischen Republik" Milorad Dodik, der sich weigern soll, das Massaker von Srebrenica als Völkermord anzuerkennen.

Schweizer Veranstaltende sagen Premiere ab

Gezeigt wurde der Film bislang an der Weltpremiere im bosnischen Banja Luka. Über 20.000 Personen haben in der Zwischenzeit eine Petition auf der Website change.org unterschrieben, um eine Ausstrahlung europaweit zu verhindern.

In der Schweiz hätte der Film in mehreren Städten und Gemeinden gezeigt werden sollen. Ein Großteil der Veranstaltenden haben die Vorführung aber abgesagt. Das bestätigt die GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus. "Bosnierinnen und Bosnier sowie Bosniakinnen und Bosniaken, die sich meldeten, baten uns, ihnen zu helfen, denn der Film verbreite Lügen und schüre Hass auf allen Seiten", so eine Sprecherin. Man verstehe die Bedenken der bosnischen Community und unterstütze sie dabei.

Laut Open Eye against Racism hat das Reberhaus Bolligen nach Bekanntwerden des Inhaltes die geplante Ausstrahlung sofort abgesagt. Eine Vorführung im Gemeinschaftszentrum "In der Au" in Volketswil steht derzeit auf der Kippe. "Momentan wird diskutiert, die Vorstellung abzusagen", sagt Sprecherin Susanna Zacher auf Anfrage von "20 Minuten". Dies habe nichts mit Politik zu tun, sondern damit, dass die Gemeinde kein Standort für eventuelle Konflikte werden wolle.

Die Stadt Uster hatte sich bereits letztes Jahr dazu entschieden, politisch umstrittene Filme in ihren Räumlichkeiten nicht zu zeigen. Der Grund: Der Film "Montenegro, ein geteiltes Land" von Malagurski wurde vor rund einem Jahr im Stadthofsaal gezeigt und sorgte für Kritik. Man habe daraus Lehren gezogen und beschlossen, Vorführungen von Filmen mit politisch umstrittenem Inhalt zukünftig nicht mehr zu tolerieren.

Regisseur weist Vorwürfe zurück

Malagurski ist die Kontroverse bekannt. "Europäische Veranstaltende, die meinen Film zeigen wollen, bekamen teils Hunderte von Anfragen, dies nicht zu tun. Einige bekamen auch Drohungen", sagt er gegenüber "20 Minuten". Was er nicht verstehe, sei, warum Leute einen Film zensieren wollen, den sie noch nicht mal gesehen hätten. Er arbeite nun daran, alternative Veranstaltende zu finden, die seinen Film zeigen wollen.

Die Vorwürfe weist er klar zurück. "Das Ziel des Films ist es, die Zusammenarbeit zwischen den in Bosnien lebenden Serben und Bosniaken zu unterstützen", sagt er. Der Völkermord werde dabei weder geleugnet noch verharmlost. Zudem sei er kein persönlicher Freund des Präsidenten Dodik und habe auch keine Fördergelder vom serbischen Staat oder der Republika Srpska erhalten.

"Ein Strafgericht kann Filme nicht im Voraus verbieten"
Dem Bundesamt für Kultur (BAK) ist die Problematik des Films bekannt, wie Sprecher Daniel Menna auf Anfrage sagt: "Wir verstehen die Reaktion der bosnischen Community, aber auf Bundesebene gibt es keine Möglichkeit, die Vorführung des Films zu verbieten." Auch aus Sicht der kantonalen Fachstelle für Kultur sei ein solches Verbot nicht möglich, so Benjamin Tommer, Sprecher der Zürcher Direktion der Justiz und des Innern. "Wer Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorsätzlich leugnet, gröblich verharmlost oder rechtfertigt, kann sich des Tatbestandes der Rassendiskriminierung strafbar machen und zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe verurteilt werden", sagt Rechtsanwalt Fabian Spühler. Demnach könnten auch Personen, die einen Film mit einem solchen Inhalt produzieren, bewusst verbreiten oder an der Aufführung beteiligt sind, bestraft werden. "Ob ein Film verbotene Szenen enthält oder nicht, entscheidet im konkreten Fall ein Strafgericht. Im Voraus kann es Filme aber nicht verbieten", so Spühler.

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